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Will die CDU wirklich die kalte Progression abbauen?

Beobachter des CDU-Parteitages, der gerade in Köln zu Ende gegangen ist, haben daran so ihre Zweifel. Nachdem die CDU, von Haus aus eine wirtschaftsliberale Partei, ihrem sozialdemokratischen Koalitionspartner und ihrer christsozialen Schwesterpartei auf Bundesebene einige soziale Zugeständnisse machen musste, verstärkte sich der Druck der parteiinternen Wirtschaftslobby, die Renditeaussichten der Kapitaleigner nicht weiter zu verschlechtern. Gleichzeitig begehrte aber auch der Arbeitnehmerflügel der Partei auf und forderte die Abschaffung der kalten Progression. Um keine offene Argumentationsschlacht und keine Kampfabstimmung auf dem Parteitag zu riskieren, einigten sich die Parteigranden zuvor noch schnell auf einen relativ unverbindlichen Formelkompromiss, der sich öffentlich darstellen und „verkaufen“ lässt.

Der Leitantrag des CDU-Bundesvorstands wurde am 10. Dezember 2014 bei nur vier Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen. Die Abschaffung der kalten Progression steht damit unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Es sollen nach dem Willen der Delegierten finanzielle Spielräume erarbeitet werden, um noch in der laufenden Legislaturperiode die Bürger "in einem ersten Schritt" entlasten zu können. "Nicht schlecht gebrüllt, Löwe!", kann man da nur sagen. Dem staunenden Wahlvolk wird pünktlich zur Bundestagswahl 2017 eine kleine finanzielle Verbesserung in Aussicht gestellt.

Worum geht es bei der kalten Progression eigentlich?

Seit 121 Jahren verfügt Deutschland über einen progressiven Steuertarif. Als kalte Progression im engeren Sinne wird der Effekt bezeichnet, dass Arbeitnehmer in einen höheren Steuertarif rutschen, selbst wenn ihre Bruttolöhne nicht stärker als die Inflation steigen. Durch die Erhebung der Lohnsteuer reduziert sich das Realeinkommen. Man verfügt über weniger Kaufkraft als zuvor.

Als kalte Progression im weiteren Sinne bezeichnet man die Steuermehrbelastung, die dann eintritt, wenn Grundfreibetrag und Tarifkennlinie nicht an die durchschnittliche Einkommensentwicklung angepasst werden. In diesem Fall wächst das Steueraufkommen stärker als die Bemessungsgrundlage. Darum wird die kalte Progression im weiteren Sinne auch als heimliche Steuererhöhung kritisiert.

Die letzte Anpassung von Grundfreibetrag und Tarifkennlinie datiert aus dem Jahre 2010. Würde die Regierung ganz auf Anpassungen verzichten, würde dies im Laufe der Zeit dazu führen, dass alle Steuerpflichtigen den Höchststeuersatz von 42 Prozent zahlen müssten, der ab einem zu versteuernden Einkommen von 52.882 Euro/Jahr fällig wird. Damit wäre die Steuerprogression passé und würde durch einen Einheitssteuersatz von 42 Prozent ersetzt.

Beschluss der CDU ist mehr Beruhigungspille als Handlungsabsicht

Obwohl es im Vorfeld des Parteitages Interventionen der Parteiführung gegebenen haben soll, sind die „Steuerrebellen“ nicht eingeknickt und haben einen Achtungserfolg erzielen können, indem sie der Partei eine Festlegung zum Abbau der kalten Progression abtrotzten. Herausgekommen ist ein Beschluss mit dem aber auch Finanzminister Wolfgang Schäuble, Herr der Zahlen und des Geldes, sehr gut leben kann. Die im Beschluss formulierten Vorbehalte eröffnen ihm immerhin noch die Möglichkeit, die verfolgte Absicht gänzlich ins Leere laufen zu lassen.

Entsprechend kritisch fiel deshalb auch die Einschätzung und Bewertung des BSBD-Vorsitzenden Peter Brock aus. Er meinte in Düsseldorf, dass solch unverbindliche Beschlüsse lediglich als Beruhigungspille taugten. „Die Wählerinnen und Wähler werden aber immer skeptischer und speziell der öffentliche Dienst ist mit Ankündigungen allein nicht mehr zu ködern. Ob mit oder ohne kalter Progression haben die Kolleginnen und Kollegen in den zurückliegenden zehn Jahren erhebliche Reallohnverluste hinnehmen müssen. Deshalb erwarten wir keine Almosen, sondern eine angemessene Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung“, erklärte der Gewerkschafter, um abschließend darauf hinzuweisen, dass zwischenzeitlich die Politikverdrossenheit im öffentlichen Dienst ungekannte Ausmaße angenommen habe.

Würden auch im kommenden Jahr bei der zeit- und inhaltsgleichen Übertragung des auszuhandelnden Tarifergebnisses auf den Beamten- und Versorgungsbereich Abstriche gemacht, dann werde dies nicht ohne Folgen für die Motivation und Einsatzbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen und damit für die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Verwaltung bleiben, prognostizierte der BSBD-Chef.

Foto im Beitrag © pixelmaxl / Fotolia.de