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Gewerkschaftsvorsitzender Peter Brock und der Reformbeauftragte Uwe Nelle-Cornelsen vertraten den BSBD bei der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses.

Personalausstattung muss absehbaren Herausforderungen entsprechen!

Die Landesregierung hatte als eines der letzten Bundesländer die mit der Föderalismusreform übertragene Gesetzgebungskompetenz genutzt, um eigene Vollzugsgesetze zu erlassen. Lediglich das Jugendstrafvollzugsgesetz ist bereits seit 2007 in Kraft, weil eine entsprechende Frist des Bundesverfassungsgerichtes zu beachten war.

Dieses Gesetz bot jetzt willkommenen Anlass, die Vollzugsgesetze insgesamt zu vereinheitlichen und im Sicherheitsbereich nachzubessern. So sollen künftig die Videoüberwachung und im Falle von Ausführungen das Anlegen von Fußfesseln zulässig sein. Am 08. Februar 2017 fand eine Expertenanhörung des Rechtsausschusses des Landtags zum Gesetzentwurf der Landesregierung statt, zu der Vertreter des BSBD geladen waren.

Ziel der Landesregierung ist es offensichtlich, einen modernen Strafvollzug „aktivierend“ auszugestalten. Eine sorgfältige Diagnostik ist dabei die Basis für eine auf die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Inhaftierten abgestellte Behandlung. Vollzugsbegleitende und nachsorgende Maßnahmen sollen verbunden, koordiniert und Netzwerke aller nur denkbaren Akteure geschaffen werden. Der Gesetzentwurf betont die hohe Bedeutung des offenen Vollzuges und setzt auf eine verstärkt opferorientierte Vollzugsgestaltung. Bei den Disziplinarmaßnahmen setzt die Landesregierung mehr auf die positive Beeinflussung und Veränderung unerwünschten Verhaltens und weniger auf Abschreckung durch Disziplinarmaßnahmen.

Für den BSBD nahmen Uwe Nelle-Cornelsen und Peter Brock zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung Stellung. Peter Brock hob besonders die personellen Konsequenzen des Gesetzentwurfs hervor. Er machte darauf aufmerksam, dass die bereits derzeit bestehende Personallücke von 1.025 Stellen zeitnah geschlossen werden müsse. Auch in baulicher Hinsicht müssten die infrastrukturellen Gegebenheiten den Neuregelungen angepasst werden. Der BSBD-Chef betonte: „Die Umsetzung des Gesetzentwurfes wird nur gelingen können, wenn der Vollzug beim Personal Unterstützung erfährt. Zusammen mit Bayern weist Nordrhein-Westfalen die schlechteste Bediensteten-Gefangenen-Relation auf. Das ist eine denkbar schlechte Ausgangslage, die dringend verbessert werden muss.“

Uwe Nelle-Cornelsen freute sich sichtlich, dass mit der Videoüberwachung eine Empfehlung des BSBD aus dem Jahre 2014 aufgegriffen wird. „Es ist richtig, diese Technik generell für die Überwachung zuzulassen. Dadurch werden die Kolleginnen und Kollegen entlastet, während die Beobachtungsintensität und -qualität deutlich erhöht werden. Diese Maßnahme wird deshalb helfen, Suiziden in den Vollzugseinrichtungen des Landes präventiv zu begegnen. Allein die Einführung einer kurzen Berichtspflicht dürfte sich als praxisfremd erweisen. Sie sollte folglich entfallen.“

Seitens der BSBD-Experten wurde kritisch angemerkt, dass der im Gesetzentwurf der Landesregierung angelegte Opferschutz mit seinen zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen für die Praxis nicht unproblematisch sei. Wegen der absehbaren Konflikte von Behandlung und Opferschutz müsse der Vollzug für diese Aufgabe zusätzliches Fachpersonal erhalten, damit das eigentliche Ziel des Vollzuges, nämlich Rechtsbrecher bestmöglich auf ein künftig straffreies Leben in Freiheit vorzubereiteten, keinen Schaden nehme. Immerhin sei eine gelungene Wiedereingliederung eines Rechtsbrechers in das gesellschaftliche Leben immer noch der beste Opferschutz.

Friedhelm Sanker