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Die Differenz zwischen den Löhnen und Gehältern von Frauen und Männern fällt nach Berechnung des Statistischen Bundesamtes geringer aus als bislang vermutet.

Equal Pay Day: Werden Männer gegen Frauen ausgespielt?

In der letzten Woche wurde zum zehnten Mal der Equal Pay Day begangen. Medienwirksam soll mit diesem Datum darauf aufmerksam gemacht werden, dass zwischen den Geschlechtern eine unvertretbare Verdienstlücke besteht, die dringend geschlossen werden muss.

Frauen müssten derzeit bis zum 18. März des Folgejahres arbeiten, um das gleiche Gehalt eines Mannes zu erzielen, wird behauptet. Für die Bundesrepublik Deutschland hat das Statistische Bundesamt diese Lücke mit sage und schreibe 21 Prozent beziffert.

In seiner Presseerklärung macht das Bundesamt jedoch sofort darauf aufmerksam, dass diese 21 Prozent Ausfluss einer unbereinigten Datengrundlage sind. Der größte Teil der Einkommensdifferenz sei wesentlich darauf zurückzuführen, dass Männer und Frauen in unterschiedlichen Branchen und Berufen arbeiteten, in unterschiedlicher Weise Führungsverantwortung übernähmen und Teilzeitbeschäftigungen unterschiedlich verteilt seien. Die Gehaltslücke ist damit nur zu einem geringen Teil darauf zurückzuführen, dass der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht ausreichend beachtet wird.

Ist die Überzeichnung eines Problems ein zulässiges Mittel?

Um öffentlichkeitswirksam auf ein tatsächliches oder vermeintliches Problem aufmerksam machen zu können, ist bei der Ermittlung der Gehaltsdifferenz darauf geachtet worden, dass ein Ergebnis zustande kommt, dem die Ungerechtigkeit im Gesicht geschrieben steht. Daher werden für die Berechnung nur solche Betriebe der Privatwirtschaft mit mehr als zehn Mitarbeitern herangezogen. Der öffentliche Dienst mit seinen geschlechtsneutralen Gehältern wird gar nicht berücksichtigt, auch Familienbetriebe, bei denen die Gewinne gleich verteilt werden, bleiben außen vor und auch landwirtschaftliche Betriebe werden nicht in die Berechnung einbezogen. Dies lässt die Berechnungsstruktur doch etwas einseitig und tendenziös erscheinen, und zwar in etwa so, als solle mit aller Macht ein bestimmtes Ergebnis erreicht werden.

Die gewählten strukturellen Faktoren weisen nicht vorrangig auf eine geschlechter-spezifische Diskriminierung hin, weil sie auch dann noch eine Gehaltslücke ausweisen würden, wenn alle Arbeitsstellen ausschließlich von Männern oder ausschließlich von Frauen besetzt wären. Von daher ist vor zehn Jahren eine frauenrechtliche Position und ein Kampfbegriff geschaffen worden, der den Keim der Entsolidarisierung von Mann und Frau in sich trägt. Vorsichtig sollte man auch dann sein, wenn der Beifall von der Seite der Unternehmen kommt. Diese scheinen durchaus ein Interesse daran zu haben, die gemeinsamen Interessen von Arbeitnehmern in solche von Frauen und Männern zu teilen.

Das Statistische Bundesamt weist in seiner Presseerklärung zu Recht darauf hin, dass die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern nur sechs Prozent beträgt, wenn man die vergleichbaren Kriterien für die jeweiligen Tarifgruppen – beispielweise gleiche Vor-, Ausbildung und Qualifikation, gleiches Lebensalter und gleiche Beschäftigungszeit, gleiche Arbeitszeit und gleichen Arbeitsumfang sowie gleiche betriebliche Verantwortung - zugrunde legt. Werden jetzt noch die Kindererziehungszeiten herausgerechnet, reduziert sich die Lücke nochmals. Sie beträgt dann knapp über zwei Prozent.

Warum muss die Gehaltsdifferenz künstlich gepusht werden?

Einerseits dürfte es um die öffentliche Wahrnehmung gehen. Die Initiatoren können bei einer skandalträchtigen Differenz auf Aufmerksamkeit hoffen, während Abweichungen von wenigen Prozentpunkten wohl nur ein müdes Lächeln auf das Gesicht des Betrachters gezaubert hätte. Andererseits dürfte es aber auch um knallharte Interessenpolitik gehen. Entlarvend sind insoweit auch die Vorschläge, wie die vermeintliche Gehaltslücke geschlossen werden könnte.

Sehr verstörend ist zudem die Forderung, nicht die Gehälter der Frauen sollten stärker wachsen, sondern die Gehälter der Männer sollten nach unten angepasst werden. Da wird wohl von den Kapitaleignern das Ziel verfolgt, Männer sollten künftig auf berechtigte Lohnforderungen verzichten. So wird geschickt entsolidarisiert und die Geschlechterfrage zum Sozialabbau genutzt.

Gefordert wurde auch, Männer sollten bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel einen um 20 Prozent höheren Fahrpreis zahlen. Dabei können Frauen von einer solchen Maßnahme gar nicht profitieren, sondern nur die Verkehrsbetriebe. Weil bei der Ermittlung der Lohndifferenz offensichtlich Äpfel mit Birnen verglichen werden und diese Struktur kaum mehr hinterfragt wird, funktioniert das alljährliche Beklagen einer großen Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern. Dabei wird das eigentliche Probleme durch diese Form der Interessenvertretung bloß vernebelt und ein entbehrlicher Konkurrenzkampf angezettelt.

Wünschenswert wäre ein sozialer Equal Pay Day

Unabhängig vom Geschlecht würde es in Deutschland viel gerechter zugehen, wenn Gesellschaft und Politik stärker als bisher die Einkommen der Wohlhabenden und Reichen in den Blick nähmen. Ein Arbeitnehmer der 50.000 € jährlich verdient, hat nach 45jährigem Berufsleben ein Lebensarbeitseinkommen von 2, 25 Millionen Euro erzielt. Dies ist eine Summe, die all jenen Spitzenverdienern aus Kunst, Musik, Film, Sport und Wirtschaft kaum ein müdes Lächeln abgewinnen würde. Die Millionengehälter dieser Personengruppen verdeutlichen, dass das Prinzip von Angebot und Nachfrage nicht jedes gesellschaftliche Problem angemessen zu regeln vermag.

Deshalb ist hier die Politik gefordert, durch Steuern und Abgaben einen sozialen Ausgleich zu bewirken, der allen Mitgliedern der Gesellschaft eine angemessene soziale Teilhabe sichert. Nicht umsonst ist im Grundgesetz die Sozialbindung des Eigentums festgeschrieben. Denn einmal objektiv betrachtet kann die Arbeitsleistung von Menschen nicht derart unterschiedlich sein, dass solch immense Einkommensunterschiede gerechtfertigt werden können.

Und dies hat rein gar nichts mit dem Konkurrenzkampf der Geschlechter zu tun, der mit dem Symbol des Equal Pay Day künstlich vom Zaum gebrochen wird. Die Einkommensmillionäre können sich freuen. Solange sich die arbeitende Bevölkerung geschlechtsspezifisch in Grüppchen ausspaltet, können sich die Reichen im Land zufrieden zurücklehnen und sich ihres Besitzes erfreuen.

Der Reichtum verschanzt sich in eigenen Stadtvierteln und die wachsende soziale Ungleichheit versteckt sich hinter den Auseinandersetzungen, die die arbeitenden Menschen um den Rest des wirtschaftlichen Erfolges der Gesellschaft führen.

Es ist an der Zeit, dass die Politik hier steuernd eingreift. Das Steuergeld des Staates überproportional bei den Einkommensgruppen einzusammeln, die sich nicht entziehen können, muss künftig der Vergangenheit angehören. Anlässlich der anstehenden Wahlen in Land und Bund werden wir feststellen können, ob die Politik ihre Lektion gelernt hat.

Friedhelm Sanker


Foto im Beitrag © Amikishiyew / Fotolia.de