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Der Vollzug soll einmal mehr herhalten, um die Probleme der Abschiebehaft zu lösen. Dies ist der falsche Weg.

Abschiebehaft: Innenministerium erwartet personelle UnterstĂĽtzung

Im Jahre 2014 untersagte der Bundesgerichtshof die Vollziehung von Abschiebehaft in Justizvollzugsanstalten. Dies war das faktische Aus fĂĽr die JVA BĂĽren und die Amtshilfe, die der Strafvollzug seit Jahrzehnten fĂĽr das Innenressort geleistet hat. Nach einigen Umbauten ging die JVA BĂĽren als Unterbringungseinrichtung fĂĽr Ausreisepflichtige (UfA) wieder ans Netz. Nachdem die Belegung anzieht, sind jetzt Personalprobleme aufgetreten.

Bemühungen, eigenes Personal zu rekrutieren oder Polizeikräfte zu verwenden, wurden – soweit bekannt – erst gar nicht erwogen. Es gibt ja den Strafvollzug, auf dessen Personal sich so trefflich zugreifen lässt.

In den 1990er Jahren sah sich Deutschland erstmals mit der Notwendigkeit konfrontiert, abgelehnte Asylbewerber, die sich ihrer Ausreisepflicht widersetzten, in größerer Zahl in Abschiebehaft zu nehmen. Weil Abschiebehaft schon damals nichts mit Strafvollzug zu tun hatte und folglich dem Ressort des Innenministeriums zugeordnet war, wurde diese Haft lediglich im Wege der Amtshilfe im Strafvollzug vollzogen. Wegen des sprunghaften Anstiegs der Zahl der Inhaftierten mussten seinerzeit spezielle Einrichtungen geschaffen werden. Unterstützung durch den Polizeivollzug erhielt der NRW-Strafvollzug leider nicht. Lieber wurden die personellen Probleme mit dem Personal externer Sicherheitsfirmen gelöst, obwohl man sich damit rechtlich auf sehr dünnem Eis bewegte.

Mit der Amtshilfe muss jetzt Schluss gemacht werden

Nicht nur, dass viel Personal für diese Aufgabe gebunden wurde, sondern auch der Einsatz privater Sicherheitsdienste stellte den Vollzug vor große Herausforderungen. Der neoliberale Zeitgeist hatte fast alle politischen Kräfte erfasst und die Hoffnung genährt, dass weniger Staat und mehr private Dienstleistung der Politik größere Handlungsspielräume eröffnen würde. Mit dieser Überzeugung und den zahlreichen Privatisierungsexperimenten ist man hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen. In den meisten Fällen mussten die Bürger höhere Kosten und Abgaben tragen, was Geringverdiener überproportional belastete.

Auch der Vollzug hatte massiv zu kämpfen, damit seine behandlungsorientierten Standards nicht von innen ausgehöhlt wurden. Es ist ein Glück und dem Einsatz vieler wohlmeinender Kolleginnen und Kollegen zu verdanken, dass diese Zeit glimpflich überstanden worden ist. Gerade befindet sich der Vollzug in einer Phase der Konsolidierung. Jetzt könnte die Personallücke von mindestens 1.000 Personalstellen sukzessive geschlossen werden, da wird der Vollzug mit neuen Begehrlichkeiten konfrontiert. Jetzt steht – dem Vernehmen nach - die personelle Unterstützung der UfA Büren auf der Tagesordnung. Noch geht es nur um wenige Stellen, doch das kann sich schnell ändern, wenn die Zahl der Inhaftierten – was zu erwarten ist – sprunghaft ansteigen sollte.

BSBD-Chef verlangt und erwartet, dass Alternativen realisiert werden

Nach Einschätzung des BSBD-Vorsitzenden Peter Brock gilt es jetzt, den Anfängen zu wehren. „Die Abschiebehaft wird künftig nur verlässlich funktionieren können, wenn sie über eigenes Personal verfügen kann. Der Rückgriff auf Vollzugpersonal ist die schlechteste Regelungsalternative, weil der Einsatz mit etlichen Risiken für den späteren Einsatz im Vollzug behaftet ist.“ Der Gewerkschafter berichtete davon, dass Inhaftierte, die auch über Mobiltelefone verfügen dürfen, bereits widerrechtlich Bilder und Filme von Bediensteten gefertigt und diese auf Social-Media-Plattformen veröffentlicht haben.

Dies ist nicht nur ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kolleginnen und Kollegen, sondern außerdem eine schwere Hypothek für die Arbeit im Strafvollzug, wenn die vorübergehende personelle Unterstützung in der Abschiebehaft endet. „Angesichts dieser Risiken“, so Peter Brock, „ist es geboten, dass die Administration des Innenministeriums ihre Personalprobleme eigenständig und ohne Rückgriff auf den Vollzug löst. Auch der Einsatz externer Kräfte könnte erwogen werden, da es sich bei der Abschiebehaft um keine Daueraufgabe handelt!“

Friedhelm Sanker


Foto im Beitrag: Heinz Klein