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Im Strafvollzug sind die Kolleginnen und Kollegen auf die Rückendeckung ihrer Vorgesetzten angewiesen.

Loyalität ist keine Einbahnstraße

Mit großer Sorge betrachtet der BSBD derzeit eine Entwicklung, die sich in zurückliegender Zeit häuft: Das Ansteigen von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen Kolleginnen und Kollegen, die auf Anzeigen und Hinweisen der jeweiligen Dienstvorgesetzten beruhen. Welche Ursachen dieses Phänomen hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Sie trägt allerdings viel Verunsicherung in die Vollzugseinrichtungen des Landes.

Sollte es sich um ein abgestimmtes Vorgehen handeln, werden die Kolleginnen und Kollegen künftig jeweils der eigenen Absicherung vor situationsangemessenem Eingreifen Vorrang einräumen müssen. Wir glauben nicht, dass eine solche Entwicklung den Interessen des Strafvollzuges dienlich wäre.

Was dem BSBD besonders unangenehm auffällt, sind solche Fälle, in denen Gefangene Bedienstete einer Straftat bezichtigen und die Führungskräfte des Vollzuges die Strafverfolgungsbehörden mit der Angelegenheit befassen, ohne selbst umfassende Verwaltungsermittlungen zu veranlassen und ohne die Staatsanwaltschaft umfänglich über die Ermittlungsergebnisse zu unterrichten.

Meist sind solchen Beschuldigungen Konfliktsituationen vorausgegangen. In diesen Fällen dürfen die Kolleginnen und Kollegen bei der Wahrnehmung ihrer gefahrengeneigten Arbeit im Strafvollzug Rückendeckung ihrer Vorgesetzten erwarten und nicht die unmittelbare strafrechtliche Überprüfung ggf. von Gefangenen behaupteter Straftaten. In diesen Fällen sollte zumindest erwogen werden, betroffenen Bediensteten von Amts wegen einen Rechtsbeistand beizuordnen, damit die Rechte der Kolleginnen und Kollegen vom Beginn des Verfahrens an gewahrt werden.

In der Vergangenheit sind Fälle an den BSBD-Rechtsschutzbeauftragten herangetragen worden, die doch nachdenklich stimmen. Da sind Kollegen von Gefangenen schwerer Straftaten bezichtigt worden. Die Anstaltsleitung hat die zuständige Staatsanwaltschaft eingeschaltet, die gleich - wegen vermuteter Gefahr im Verzuge - Hausdurchsuchungen anordnete. Gefunden wurde nichts, die Verfahren waren letztlich einzustellen. Für die betroffenen Familien allerdings war dieses Vorgehen eine sehr einschneidende Maßnahme. Im Nachhinein kann man nur feststellen, dass in vielen dieser Fälle der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine ausreichende Beachtung gefunden hat.

Für Kolleginnen und Kollegen ist eine solche Erfahrung, aufgrund von Anschuldigungen von Gefangenen derart massiv angegangen zu werden, verhaltensändernd. Diese Kolleginnen und Kollegen werden künftig nicht mehr ihrem dienstlichen Auftrag absoluten Vorrang einräumen, sondern im Zweifel der eigenen Absicherung. Für den Konfliktfall könnte dies auch bedeuten, einen solchen möglichst zu vermeiden oder ihm aus dem Weg zu gehen. Dies wäre für das Funktionieren des Vollzuges eine kontraproduktive Entwicklung, weil Behandlung und Verhaltensänderung ohne Konflikte kaum vorstellbar sind.

Dem BSBD ist bewusst, dass sich auch Strafvollzugsbedienstete strafrechtlich relevant verhalten können. Dies sind aber immer Einzelfälle, die keinen Generalverdacht zu rechtfertigen vermögen. Die vermehrten strafrechtlichen Verfahren tragen sich gerade in einer Zeit zu, wo bei Straftatbeständen der Kleinkriminalität wegen der bestehenden Personalknappheit der Justiz nur noch nach Einstellungsgründen gesucht wird. Das geltende Legalitätsprinzip verkommt hier faktisch zur Farce. Und solch gegenläufige Entwicklungen lassen die Betroffenen einfach aufhorchen und lösen Unbehagen aus.

Die Zeiten werden rauer, die Herausforderungen größer, das ist bereits abzusehen. Der Strafvollzug ist daher auf motiviertes, engagiertes Personal angewiesen. Wer von seinem Personal aber Loyalität einfordert, der muss auch bereit sein, Loyalität gegenüber seinem Personal zu üben. Dies beinhaltet auch die Pflicht, gegen Gefangene strafrechtliche Ermittlungen zu initiieren, die Kolleginnen und Kollegen falsch verdächtigt haben. Loyalität ist eben keine Einbahnstraße!

Friedhelm Sanker

Foto im Beitrag © Sakhorn38 / Fotolia.de