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Die Diäten der Bundestagsabgeordneten haben sich seit der Wiedervereinigung deutlich erhöht und können mit Fug und Recht als finanziell lukrativ bezeichnet werden.

Reden wir über Geld!

Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Bundesländer sind kaum abgeschlossen, da erheben die üblichen Mahner aus Politik und vom Steuerzahlerbund ihre Stimmen. Es sei einmal mehr – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nach dem Gießkannenprinzip ein kräftiges Lohnplus vereinbart worden.

Bei dieser Bewertung wird verkannt, dass es einen beträchtlichen Nachholbedarf auszugleichen galt, der nicht einmal vollständig vollzogen werden konnte. Aus unerfindlichen Gründen werden die Beschäftigten von Bund und Kommunen immer noch besser bezahlt. Heute wollen wir einmal einen Vergleich mit den Diäten unserer Volksvertreter anstellen, um zu sehen und zu bewerten, wie sie mit ihren eigenen Einkünften umgehen.

Bei den betroffenen Beschäftigten ist der Tarifabschluss auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die Bereiche Bildung und Pflege mit überproportionalen Steigerungen können sehr zufrieden sein. In jenen Bereichen des öffentlichen Dienstes, die nicht von strukturellen Verbesserungen profitieren konnten, ist der Abschluss nicht schlecht, nur die lange Laufzeit sorgt doch für einige Bauchschmerzen. Anzuerkennen ist jedoch, dass sich der Abschluss von früheren Abschlüssen deshalb wohltuend abhebt, weil nicht nur Substanzsicherung erreicht wurde. Mit dem Tarifergebnis deutlich oberhalb der Teuerungsrate wird die Kaufkraft der Kolleginnen und Kollegen erstmals nachhaltig gestärkt.

Gewerkschaften in verbesserter Verhandlungsposition

Ursächlich für diesen positiven Trend dürfte der Umstand sein, dass der spürbare Mangel an geeigneten Nachwuchskräften für den öffentlichen Dienst eher die Verhandlungsposition der Gewerkschaften stärkt. Bislang hatten sich immer die öffentlichen Arbeitgeber in der stärkeren Verhandlungsposition gewähnt. Dies war für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) auch der Grund, für ihren Zuständigkeitsbereich eigenständige Verhandlungen mit den Gewerkschaften zu führen. Das Bundesland Hessen sah sich in einer so starken Position, dass sie aus der TdL austrat, um selbst verhandeln zu können. Nunmehr kommt diese Entwicklung an ihr Ende. Auf Arbeitgeberseite wird bereits darüber nachgedacht, ob die Zusammenführung ihrer gemeinsamen Interessen nicht Vorteile für die künftigen Verhandlungen bringen könnte.

Diese Entwicklung dürfen die Kolleginnen und Kollegen sowie ihre Interessenvertretungen nicht verschlafen. Die Mitgliederwerbung und -mobilisierung ist weiter zu steigern, um die künftigen Verhandlungen aus einer noch stärkeren Position heraus führen zu können. Ein Blick in die europäische Nachbarschaft zeigt deutlich, dass die Löhne dort am höchsten sind, wo der Organisationsgrad der Gewerkschaften deutlich oberhalb von 60 Prozent der Arbeitnehmer liegt. Skandinavien kann sich hier glücklich schätzen.

In den Ländern, in denen der Organisationsgrad niedrig ist, können Gewerkschaften Flächentarifverträge gar nicht mehr durchsetzen. Dies und die Öffnung der Arbeitsmärkte haben dafür gesorgt, die Arbeitnehmerschaft in der Durchsetzung ihrer Rechte deutlich zu schwächen. Für Arbeitgeber ist eine Ersatzreserve an Arbeitskräften praktisch eine Lizenz zum Geld drucken, weil die Löhne so unglaublich gedrückt werden können. Das Ergebnis ist am deutschen Arbeitsmarkt gut ablesbar. Noch 1990 zählte Deutschland europaweit zu jenen Ländern, in denen die höchsten Löhne gezahlt wurden. Zwischenzeitlich hat sich dies grundlegend geändert, dies spürt man spätestens, wenn man sich einmal in der Schweiz einen „Hamburger“ leisten möchte, der dort kaum unter 20 € zu haben ist. Zudem führt ein Überangebot an Arbeitskraft stets zu prekären Beschäftigungsverhältnissen.

Politiker befinden sich in einer privilegierten Position

Diese Entwicklung vollzog sich nicht nur in der Privatwirtschaft, auch dem öffentlichen Dienst wurde sie durch die Politik zwangsverordnet. Es lohnt sich deshalb, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, wie die Abgeordneten mit ihren eigenen Einkünften während dieser Zeit umgegangen sind.

Nach der Wiedervereinigung 1990 erhielten Abgeordnete Diäten in Höhe von rd. 10.000 DM (5.112,92 €), 3.000 DM (1.533,88 €) steuerfreie Kostenpauschale sowie gut 10.000 DM (5.112,92 €) für die Beschäftigung von Mitarbeitern. Mit solchen Bezügen – wir wollen sie einmal moderat nennen – geben sich heutige Bundestagsabgeordnete nicht mehr zufrieden.

Und dabei haben sie auch noch einen Weg gefunden, umfängliche öffentliche Diskussionen über die Höhe ihrer Einkünfte zu vermeiden. Früher war es immer ein Ärgernis für die Abgeordneten, ihre Einkünfte in einem langwierigen parlamentarischen Prozess begründen zu müssen. Dies gehört jetzt der Vergangenheit an. Die Parlamentarier haben seit einigen Jahren praktisch ein automatisches Verfahren implementiert, mit dem ihre Einkünfte an die durchschnittliche Erhöhung der Reallöhne angepasst wird.

Lästige öffentliche Debatten werden vermieden

Lästige Parlamentsbeschlüsse, die das Wahlvolk regelmäßig in Aufruhr brachten, sind damit entbehrlich geworden. Die letzte Erhöhung vom 1.1.2019 ging praktisch geräuschlos über die Bühne. Die Medien berichteten zwar, aber eher beiläufig. Es war eine Nachricht unter vielen anderen. Dabei haben sich die Einkünfte unserer Bundestagsabgeordneten seit 1990 nicht nur um die Teuerungsraten erhöht, was verständlich und nachvollziehbar gewesen wäre. Auch eine Bindung an die Entwicklung im öffentlichen Dienst hätte man nachvollziehen können, hätten doch dann für Abgeordnete auch jene Einschränkungen gegolten, die sie für die Beschäftigten verhängt haben.

Zwischenzeitlich ist es für Parlamentarier auch finanziell lukrativ, das Volk im Bundestag zu repräsentieren, zumal keine formalen Anforderungen oder Qualifikationen von Volksvertretern erfüllt werden müssen. Vermutlich ist das ein Grund dafür, weshalb im Parlament relativ viele Studienabbrecher zu finden sind.

Die Abgeordnetendiäten heute

Seit dem 1.1.2019 haben sich die Abgeordnetenbezüge um 300 € auf 10.173 €/Monat erhöht. Die steuerfreie Kostenpauschale beträgt nunmehr monatlich 4.418,09 €. Ein Verwendungsnachweis wird nicht gefordert. Diese Pauschale hat sich sukzessive erhöht, obwohl die Abgeordneten die Pauschalen für Werbungskosten pp. für Arbeitnehmer seit vielen Jahren nicht mehr erhöht haben. Für die Beschäftigung von Mitarbeitern steht jedem Abgeordneten eine monatliche Pauschale von 21.536 € zur Verfügung. Dieser Betrag hat sich seit der Wiedervereinigung mehr als vervierfacht.

Man sollte meinen, dass damit alle Kosten bestritten werden könnten. Dem ist jedoch nicht so. Jedem Abgeordneten steht in Berlin ein Büro zur Verfügung. Für Büromaterial erhält er monatlich einen steuerfreien Betrag von 1.000 €. Für Reisen mit der Bahn steht den Abgeordneten eine Jahreskarte der 1. Klasse zur Verfügung, deren Geldwert 7.435 € entspricht.

Und auch für die eigene Altersversorgung müssen Abgeordnete keine Beiträge aufwenden. Ab dem 67. Lebensjahr stehen ihnen für jedes Jahr als Bundestagsabgeordneter 251,83 € monatlich zu. Daneben gibt es noch viele Privilegien wie u.a. die Erstattung von Inlandsflügen, die Inanspruchnahme der Fahrbereitschaft des Bundestages und die Ausübung von Nebentätigkeiten, die nicht auf die Diäten angerechnet werden. Anders als Arbeitnehmer müssen Abgeordnete für ihre Verköstigung angesichts der vielen Sitzungen, Bankette und Empfänge nicht immer selbst zahlen. Die derzeitige Höhe der Abgeordnetenbezüge kann deshalb mit Fug und Recht als finanziell lukrativ bezeichnet werden.

Verkleinerung des Bundestages bleibt Illusion

Vielleicht ist in der Höhe der Bezüge ein Grund dafür zu sehen, weshalb das Parlament seit Jahrzehnten daran scheitert, die eigene Größe angemessen zu reduzieren. Nach dem chinesischen Volkskongress ist der Bundestag mit derzeit 709 Mitgliedern das größte Parlament der Welt. Sowohl Mandatsinhaber als auch die im Bundestag vertretenen Parteien dürften kein großes Interesse daran haben, das Parlament signifikant zu verkleinern, es ginge schließlich zu ihren eigenen Lasten. Solange kein öffentlicher Druck entsteht, wird wohl alles seinen gewohnten Gang gehen.

Bei steigenden Bezügen, die früher immer damit begründet wurden, dass sich auch Gutverdiener das Mandat im Bundestag leisten können müssten, besteht objektiv das Risiko, willfährige, angepasste Abgeordnete zu erzeugen, die sich mehr dem Mandatserhalt und den Vorstellungen der eigenen Partei verpflichtet fühlen, als jenen Menschen, die sie gewählt haben und die sie im Parlament repräsentieren sollen.

Einkommensrunde 2019 auf der Basis des Tarifergebnisses abschließen

Nachdem Abschluss der Tarifrunde steht jetzt die Übertragung des Ergebnisses auf den Beamten- und Versorgungsbereich an. An der gesetzlichen Umsetzung sind Landesregierungen und Länderparlamente beteiligt. Für sie gilt das vorstehend über die Bundestagsabgeordneten Ausgeführte sinngemäß, allerdings auf jeweils etwas unterschiedlichem Niveau. Wir vom BSBD-NRW erwarten, dass das erzielte Ergebnis zeitgleich und systemgerecht auf die Beamten und Versorgungsempfänger übertragen wird. Sollte die Landesregierung einen außerordentlichen Gerechtigkeitssinn entwickeln, dann würde sie einen Zuschlag für jene Strukturverbesserungen im Beschäftigtenbereich vorsehen, von denen Beamte und Versorgungsempfänger nicht profitieren können.

Verzichtet die Landesregierung darauf, erwarten wir allerdings eine größere Offenheit für strukturelle Verbesserungen im Beamtenbereich. Es soll allerdings auch nicht verschwiegen werden, was die Kolleginnen und Kollegen gar nicht akzeptieren könnten: Das wären Abstriche bei der Übertragung des jetzt erzielten Ergebnisses auf Beamte unter Hinweis auf die Schuldenbremse. Die Kassen sind gut gefüllt. Die Politik in NRW ist gut beraten, das langsam wieder wachsende Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen nicht erneut zu enttäuschen und damit zu zerstören.

Friedhelm Sanker

Foto im Beitrag: Archiv BSBD NRW