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Die Nachwuchsgewinnung gestaltet sich weiter schwierig. Die leicht angehobene Anwärterbesoldung (Werkdienst) hat die Lage nicht durchgreifend gebessert.

Anwärtersonderzuschlag für den Einstellungsjahrgang 2020 gesichert und partiell angehoben

Das Ministerium der Justiz hat mitgeteilt, dass das Finanzministerium der Weiterzahlung von Anwärtersonderzuschlägen für den allgemeinen Vollzugsdienst und den Werkdienst in der bisherigen Höhe zugestimmt hat. Für den Einstellungsjahrgang 2020 der Laufbahn des Werkdienstes habe das Ministerium der Finanzen zudem sein Einverständnis zur Erhöhung des Zuschlages auf 60 Prozent des Grundbetrages erklärt.

Was seitens des Ministeriums als Erfolg verlautbart wird, sieht der BSBD durchaus kritisch, weil der Verzicht auf eine angemessene Anhebung sowohl für den allgemeinen Vollzugs- wie auch den Werkdienst die Nachwuchsgewinnung künftig weiter erschweren wird.

Bereits seit Jahren streitet der BSBD für die Anhebung der Anwärtersonderzuschläge für beide Laufbahnen auf 90 Prozent des Grundbetrages. Diese Forderung hat das Ministerium der Justiz in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium augenscheinlich nicht durchsetzen können. Die zurückliegenden Jahre haben gezeigt, dass es immer schwerer wird, geeigneten Nachwuchs für den Vollzug zu gewinnen. Da ist es schon verwunderlich, dass der Finanzminister eine Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen offenbar nicht für geboten hält. Es muss deshalb befürchtet werden, dass Hunderte von freien Stellen in den beiden Laufbahnen auch im neuen Jahr nicht angemessen besetzt werden können.

Problem richtig analysiert, jedoch zu zögerlich gehandelt

Bereits 2019 hatte sich Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) für attraktivere Bezahlstrukturen im öffentlichen Dienst ausgesprochen. Dies muss dann aber auch für die Nachwuchskräfte gelten, denn zunächst müssen die vorhandenen Stellen besetzt werden, damit das vorhandene Personal spürbar entlastet werden kann. Die Strafvollzugsbediensteten arbeiten bereits jenseits des Zumutbaren, weil Hunderte Stellen nicht besetzt werden können. Die Politik ist nunmehr gefordert, mit hoher Priorität für die notwendige Entlastung zu sorgen.

Zwar hat das Ministerium der Justiz erstmals eine PR-Agentur mit der Werbung um Nachwuchskräfte betraut, dies reicht nach Auffassung des BSBD allein allerdings nicht aus, um die angespannten Personalverhältnisse nachhaltig zu verbessern. Ohne zusätzliche finanzielle Anreize wird der Vollzug nicht auskommen. Die Konkurrenz um geeigneten Nachwuchs hat sich in den letzten Jahren dermaßen verschärft, dass es den Vollzugseinrichtungen zunehmend schwerer fällt, Bewerberinnen und Bewerbern für ein berufliches Engagement im Strafvollzug zu gewinnen.

Weil sich der Vollzug beim Nachwuchs für den allgemeinen Vollzugs- und den Werkdienst vorrangig um Zweitberufler bemüht, muss man sich den Wechsel in den Vollzug auch leisten können. Meistens sind geeignete Bewerberinnen und Bewerber in einem Alter, in dem sie bereits finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen haben. Dieser Personenkreis scheidet dann bereits aus finanziellen Gründen aus, wenn sich mit der Anwärterbesoldung die Zeit der Ausbildung nicht auskömmlich finanzieren lässt.

Nachwuchsgewinnung grundsätzlicher fördern

Es ist folglich enttäuschend und ein Stück weit unverständlich, dass die BSBD-Forderung nach der Zurückstellung im letzten Jahr jetzt nur in einem geringfügigen Umfang aufgegriffen worden ist. Während in anderen Branchen bereits „Kopfprämien“ und "Handgelder" gezahlt werden, wie man dies bislang nur aus dem Profi-Sport kannte, übt sich der öffentliche Dienst weiter in „vornehmer Zurückhaltung“. Der BSBD hatte einen mutigeren Schritt erwartet, weil das Finanzministerium seine Einschätzung schließlich von Jahr zu Jahr ändern kann. Der finanzielle Aufwand war daher überschaubar. Sich jetzt erst Schritt für Schritt langsam an eine angemessene Anwärterbesoldung heranzutasten, ist nach Einschätzung des BSBD letztlich der teurere Weg, um in diesem Bereich wieder konkurrenzfähig zu werden.

In einer ersten Bewertung zeigte sich BSBD-Chef Ulrich Biermann ein Stück weit enttäuscht. Er hatte gehofft, dass die Politik einen größeren Schritt zur Erfüllung der BSBD-Forderungen machen würde. „Aus zahlreichen Gesprächen mit der Politik hatten wir den Eindruck gewonnen, die Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung sind verstanden worden. Die Entscheidung des Finanzministers zeigt jetzt jedoch, dass die Verantwortlichen die Dringlichkeit der Anhebung der Anwärterbesoldung noch nicht in ihrer ganzen Dimension erkannt haben.“ Ulrich Biermann stellte mit Blick auf den fortbestehenden Handlungsbedarf fest, dass die Politik weiter gefordert sei. Die jetzt gefundene Regelung verändere den Status quo kaum, so dass das vorhandene Personal nicht die zwingend notwendige Entlastung erfahre.

Anhebung der Anwärterbesoldung weiter zwingend erforderlich

Der BSBD wird angesichts der prekären Situation bei der Nachwuchsgewinnung seine Forderung, die Sonderzuschläge in Zukunft angemessen auf 90 Prozent des Grundbetrages zu erhöhen, weiter nachdrücklich verfolgen. Daneben sieht es der BSBD als notwendig an, die Zahlung eines Sonderzuschlages auch für die Laufbahnen des mittleren Verwaltungsdienstes und des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes vorzusehen. Bei der Gewinnung geeigneter Nachwuchskräfte darf der Vollzug der Konkurrenz nach Überzeugung des BSBD nicht immer "hinterherhecheln", er muss die Rahmenbedingungen vielmehr deutlich attraktiver gestalten.

Wird als notwendig erkanntes Handeln zu lange hinausgezögert, besteht die konkrete Gefahr, dass mittelfristig geeignete Bewerberinnen und Bewerber kaum noch in nennenswertem Umfang für ein berufliches Engagement im Strafvollzug gewonnen werden können. Einer solch absehbaren Entwicklung muss unbedingt entgegengewirkt werden, weil sonst das vorhandene Personal dauerhaft überlastet wird. Die Politik riskiert in diesem Fall nicht nur den Rückgang der Motivation beim Personal, sondern auch einen Qualitätsverlust bei der Vollzugsgestaltung. Im Interesse des gesellschaftspolitischen Auftrages des Strafvollzuges und nicht zuletzt im Hinblick auf die Sicherheit der Allgemeinheit sollten diese Risiken unbedingt vermieden werden.

Wenn die Politik die Personalprobleme in so kleinen Schritten beheben will, wie es die oben angesprochene Entscheidung des Finanzministers nahelegt, dann steht die Zukunftsfähigkeit des NRW-Strafvollzuges auf dem Spiel. Und das kann nicht im Interesse der Gesellschaft, nicht im Interesse der Kolleginnen und Kollegen und letztlich auch nicht im Interesse der Landesregierung sein.

Friedhelm Sanker

Foto im Beitrag © Heinz-Georg Klein/BSBD