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Ehemaliger Strafgefangener erhebt Korruptionsvorwürfe und der WDR verbreitet diese bundesweit.

JVA Rheinbach: Sind die Rheinbacher Strafvollzugsbediensteten allesamt korrupt?

Am 28. April 2015 gelang es einem zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder in einer Holzkiste aus der der JVA Rheinbach zu entweichen. Bereits am 30. April 2015 konnte der Flüchtige wieder festgenommen werden. Soweit so schlecht oder doch so gut, denn Ausbrüche und Entweichungen sind im zurückliegenden Jahrzehnt drastisch zurückgegangen, unser aller Sicherheit hat sich durch die qualifizierte, umsichtige Arbeit der Strafvollzugsbediensteten deutlich erhöht.

Dieses Vorkommnis hätte den Medien auch einmal Anlass geben können, auf diesen Umstand hinzuweisen. Dies hätte einer objektiven Berichterstattung gedient, hätte Ängste minimiert, wäre allerdings völlig unspektakulär gewesen. Da traf es sich gut, dass Frank Adolf, ein derzeit auf freiem Fuß befindlicher, mehrfach verurteilter, hafterfahrener Betrüger offenbar über Exklusiv-Informationen verfügte.

Adolf wandte sich an Redakteure des WDR und erklärte dem Vernehmen nach, er sei von dem flüchtigen Mörder angerufen worden. Dieser habe ihm offenbart, dass ihm bei seiner Flucht aus der JVA Rheinbach gleich zwei Bedienstete hilfreich und unterstützend zur Seite gestanden hätten. Dies war augenscheinlich eine verlockende Botschaft. Den Redakteuren scheint allerdings bewusst gewesen zu sein, dass die einfache Behauptung eines soeben aus fünfeinhalbjähriger Haft entlassenen Betrügers nicht ausreichen könnte, um die Strafvollzugsbediensteten allesamt mit dem pauschalen Vorwurf der Korruption zu überziehen. Immerhin dürfte die Aussage Frank Adolfs für sich genommen nicht glaubwürdiger sein, als hätte ein Herr X behauptet, ein deutscher Richter habe ihm angeboten, bei der nächsten Straftat straffrei auszugehen, wenn er vor seinem Richterstuhl lande.

Wie sorgfältig müssen Journalisten arbeiten?

In dem Bewusstsein, dass die Glaubwürdigkeitsfrage noch unterfüttert werden musste, besann man sich auf eine eidesstattliche Erklärung und die Zusage des Frank Adolf, die Vorwürfe gegenüber der Strafverfolgungsbehörde wiederholen zu wollen. Zusätzlich garnierte Adolf seine Behauptungen mit dem Vorwurf, Bedienstete betrieben einen schwunghaften Handel mit Handys, Drogen und Alkohol. Allein ihm seien acht Bedienstete bekannt, die sich entsprechend engagierten. Redakteure und Frank Adolf hätten sich auch gleich und unmittelbar an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden können, aber dann wäre vermutlich die schöne Geschichte dahin gewesen und dass wollte man keineswegs riskieren. Die WDR-Redakteure sahen die eidesstattliche Erklärung und die Aussagebereitschaft Adolfs gegenüber der Staatsanwaltschaft als ausreichend an, um der ihnen obliegenden journalistischen Sorgfaltspflicht zu genügen. Aber durften sie das auch?

Juristisch mag man dieses Vorgehen gerade noch so durchgehen lassen, doch beim WDR handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Anstalt, die nicht auf Quoten angewiesen ist und deshalb den Status eines „seriösen Leitmediums“ genießt. Müssen da die Recherchekriterien nur Mindeststandards erfüllen, oder sollten sie nicht doch etwas höheren Ansprüchen genügen!?

Warum berichtet der WDR auf derart schmaler Faktenbasis?

Wir vom BSBD jedenfalls sehen das so. Was hätte Frank Adolf also für ein Risiko, wenn er sich die den WDR-Redakteuren aufgetischten Informationen lediglich ausgedacht hätte, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erhalten? Er hat schließlich nicht über eigene Beobachtungen, Erfahrungen oder Erkenntnisse berichtet, sondern nur über ein Telefonat mit einem flüchtigen Mörder. Da kann man sich schon einmal verhören, etwas falsch verstehen oder auffassen. Was also will man ihm vorwerfen, sollten sich die Informationen als falsch erweisen? Vielleicht eine fahrlässige eidliche Aussage. Die strafrechtliche Konsequenz wäre angesichts seines Vorstrafenregisters damit überschaubar.

Und wie sieht es mit den namentlich nicht genannten Strafvollzugsbediensteten aus, die pauschal der Korruption bezichtigt werden? Für die Kolleginnen und Kollegen steht jeweils ihre bürgerliche Existenz durch straf- und dienstrechtliche Sanktionen auf dem Spiel, sollten sie sich so verhalten haben, wie der verurteilte Betrüger Adolf behauptet. Diese Konsequenzen wären folglich existenzbedrohend und damit wesentlich gravierender als alles, was dem verurteilten Betrüger Frank Adolf drohen würde.

Trotzdem räumen die Redakteure Frank Adolf breiten Raum ein, damit sich dieser als Saubermann profilieren kann, dem ausschließlich an Aufklärung gelegen ist. Wenn dies aber zutrifft, warum wendet er sich an den WDR und nicht an die zuständige Staatsanwaltschaft?

Was legal ist, muss nicht immer legitim sein!

Die Redakteure des WDR sehen sich formaljuristisch auf der sicheren Seite und machen sich vermutlich über die Folgen und möglichen Konsequenzen ihrer Berichte kaum Gedanken. Dies hätten sie aber besser tun sollen. Immerhin leisten die Strafvollzugsbediensteten im „Schmuddelbereich“ unserer Gesellschaft wertvolle Arbeit für unser aller Sicherheit. Einerseits sorgen sie für die sichere Separierung von Straftätern und ermöglichen diesen durch konsequente Behandlung zudem die Abkehr von bisherigen Überzeugungen und Verhaltensweisen. Beide Ansätze sorgen dafür, dass wir alle sicherer leben können. Hierfür haben Strafvollzugsbedienstete zunächst einmal Respekt verdient.

Und wenn es um Korruption geht, dann darf man allein schon wegen der begrenzten finanziellen Möglichkeiten von Strafgefangenen getrost davon ausgehen, dass Strafvollzugsbedienstete weit weniger belastet und gefährdet sein dürften als beispielsweise Unternehmer, Banker, Ärzte oder Journalisten. Da sich die Vorwürfe des ehemaligen Strafgefangenen Frank Adolf nicht gegen konkrete Personen richten - er hatte es tunlich vermieden Namen zu nennen - musste den WDR-Redakteuren zudem bewusst sein, dass sie mit einer Veröffentlichung einen ganzen Berufsstand diskreditieren würden. Und so geschah es dann auch. Die Printmedien griffen die verbreiteten Informationen und die WDR-Recherche begierig auf und multiplizierten deren verheerende Wirkung für das öffentliche Ansehen der Strafvollzugsbediensteten.

Dabei ist Frank Adolf für Vorwürfe jener Art, wie er sie gegenüber dem WDR erhoben hat, seit längerem bekannt. Bereits in der Vergangenheit soll er sich mit zunächst pauschalen Vorwürfen an die Leitung der JVA Rheinbach gewandt haben. Diese Kontaktaufnahme bildet wohl auch die Grundlage für die Behauptung, die Leitung in Rheinbach wisse um den schwunghaften Handel mit Drogen, Alkohol und Handys, unternehme aber nichts. Wurde er in der Vergangenheit jedoch aufgefordert, endlich Ross und Reiter zu nennen, dann soll er es nicht vermocht haben, seine vagen Andeutungen und Vermutungen zu konkretisieren. Bei der Bewertung der Behauptungen des verurteilten Betrügers Frank Adolf ist deshalb größte Vorsicht und Skepsis durchaus angebracht.

Zwischenzeitlich hat die Staatsanwaltschaft Bonn die Ermittlungen aufgenommen und den ehemaligen Strafgefangenen Frank Adolf bereits mehrfach angehört. Dem Vernehmen nach bewertet die Ermittlungsbehörde die Aussagen des ehemaligen Gefangenen aus einer Position der professionellen Distanz und bemüht sich um Aufklärung. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen sollten in aller Ruhe abgewartet werden, bevor weiter voreilige Schlussfolgerungen gezogen werden.

Ist dem WDR eine spektakuläre Story wichtiger als Seriosität?

Die Entweichung eines Mörders ist für die Strafvollzugsbediensteten unerfreulich genug, weil er Schwachstellen in der Sicherheitsarchitektur der Rheinbacher Einrichtung aufgezeigt hat, die schnell behoben werden müssen. Aber ist es deshalb gerechtfertigt, die Bediensteten auf ganz schmaler Faktenbasis pauschal zu diffamieren?

Wir vom BSBD sind überzeugt, dass von einem öffentlich-rechtlichen Sender mehr erwartet werden darf. Der ehemalige Strafgefangene Frank Adolf will jene Bediensteten, die er der Korruption bezichtigt, namentlich kennen. Wäre es da aus Gründen der Seriosität und Wahrhaftigkeit nicht überzeugender gewesen, einfach die Staatsanwaltschaft zu informieren und abzuwarten, ob die Strafverfolgungsbehörde die Vorwürfe als so stichhaltig ansieht, dass sie Ermittlungsverfahren gegen die Betroffenen einleitet? Damit hätte man die pauschalen Verdächtigungen gegen die Rheinbacher Strafvollzugsbediensteten vermeiden und Fairness walten lassen können.

Das Bild im Beitrag stammt von der JVA Rheinbach