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Jung, schlank und erwartungsfroh blickte der Einstellungsjahrgang 1965 der beruflichen Zukunft im Strafvollzug entgegen.

Verlässlichkeit, Kollegialität, Freundschaft: Ausbildungslehrgang hält bereits 50 Jahre zusammen

Der Strafvollzug bezeichnet sich gerne als große Familie. Und dass dieses Bild nicht so falsch ist, dafür ist Wilfried Schröder aus Gummersbach ein beredtes Beispiel. Seit nunmehr 50 Jahren organisiert er jährliche Treffen seines Ausbildungsjahrganges und hält so den Kontakt der Kolleginnen und Kollegen untereinander aufrecht. Fragt man den Veteranen des Vollzuges nach seiner Motivation, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „ Zu Beginn der Ausbildung 1965 waren wir Fremde. Während der Ausbildung bildeten wir eine verschworene Gemeinschaft, und nach der bestandenen Laufbahnprüfung entwickelte sich eine tiefe Freundschaft.“

Die Ausbildung in den 1960er Jahren, so Wilfried Schröder, sei kein Zuckerschlecken gewesen. Die vollzuglichen Abläufe hätten durchaus noch eine militärische Prägung aufgewiesen. Man habe seinerzeit die Auffassung vertreten, dass Disziplin und das Durchsetzen einer vorgeschriebenen Ordnung einen Anpassungsprozess bei Straftätern auslösen werde, der sich anschließend in eine manifeste Verhaltensänderung überführen lasse. Zu vergleichen sei die damalige Praxis annähernd mit dem, was heutzutage in amerikanischen Bootcamps praktiziert werde.

Als der Ausbildungslehrgang sich das Rüstzeug für den Vollzug erwarb, erklärt Schröder, habe in dieser Hinsicht ein Umdenkungsprozess eingesetzt, der schließlich die gesetzliche Regelung des Vollzuges und ein bundesweites Strafvollzugsgesetz erst ermöglicht habe. Im April 1965 sei es während des Einführungslehrganges in der JVA Essen aber zunächst darum gegangen, sich mit der Dienst- und Vollzugsordnung vertraut zu machen. Nach dieser bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift sei bis Ende 1976 der Vollzug in der Bundesrepublik gestaltet worden.

„In Essen“, erinnert sich  Wilfried Schröder, „hatten wir in dem damaligen Anstaltsleiter Wilhelm Solbach einen sehr verständnisvollen Chef, der auch für den ein oder anderen Scherz zu haben war. Gänzlich anders gestaltete sich der Abschlusslehrgang in der JVA Remscheid-Lüttringhausen. Hier praktizierten ein Oberregierungsrat und ein Oberlehrer, den wir alle nur „Vater Grausam“ nannten, einen überaus autoritären Führungsstil, um 24 Familienmüttern und –vätern zu erklären, welche Anforderungen sie in ihrem neuen Berufsfeld zu erfüllen hätten. Protest, Widerspruch, Einwände wurden nicht geduldet, sondern als Anzeichen einer drohenden ‚Meuterei‘ gewertet. Solche Methoden der Wissensvermittlung sind heute gar nicht mehr vorstellbar. Sie hatten aber auch ihr Gutes: Dieses Klima der Angst, vom Ergebnis der Ausbildung hingen immerhin Existenzen ab, schweißte unseren Ausbildungsjahrgang wie Pech und Schwefel zusammen.“

In den Jahren der beruflichen Praxis ließ der Lehrgang den Kontakt nie abreißen. Wilfried Schröder berichtet von insgesamt 23 Treffen, die dem beruflichen Austausch und der Festigung der Freundschaft dienten, an denen überwiegend aber auch die Ehepartner teilnahmen.

In diesem Jahr feiert der Ausbildungsjahrgang 50jähriges Jubiläum. Die Veteranen nehmen dies zum Anlass, um das Ereignis drei Tage lang im schönen Siegerland angemessen zu begehen. Die Zeit des beruflichen Wirkens liegt nun hinter ihnen und sie schauen auf eindrucksvolle Karrieren zurück. Wilfried Schröder engagierte sich gewerkschaftlich im BSBD, dem er bereits 50 Jahre angehört, und übernahm hier Verantwortung als Ortsverbandsvorsitzender. Beruflich wirkte er bis zum Ruhestand als Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes der JVA Attendorn. "Insgesamt", so Schröder, "haben wir den beruflichen Einstieg in den Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen nicht bereut. Jetzt hoffen wir darauf, dass wir die Freundschaft des Einstellungsjahrgangs 1965 noch etliche Jahre gemeinsam pflegen können."

Foto im Beitrag © Friedhelm Sanker